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28.09.2020 Mein Beethoven
Mein Beethoven
Das Beethoven-Jahr neigt sich langsam seinem Ende zu – Zeit für einen Rückblick! Generalmusikdirektor Cornelius Meister, der bereits im Sommer alle chorlosen Beethoven-Sinfonien in der Stuttgarter Liederhalle dirigiert hat, nimmt uns mit auf eine kleine Zeitreise und lässt uns an „seinem“ ganz persönlichen Beethoven teilhaben.
Sicherlich ist es keine Überraschung, dass Werke des gleichen Komponisten umso verschiedener erscheinen, je näher wir mit ihnen vertraut sind. So haben bestimmt zahlreiche Besucherinnen und Besucher, die sämtliche chorlosen Beethoven-Symphonien in der Liederhalle gehört haben, als sie dort im Juni und Juli vom Staatsorchester aufgeführt wurden, einmal mehr gespürt, wie wenig es den einen Beethoven gibt und wie sehr es sich bei jeder einzelnen der acht Sinfonien um ein singuläres, unvergleichliches Kunstwerk handelt. Auch nach mehr als 200 Jahren klingen Ludwig van Beethovens Kompositionen frisch – und werden dies auch immer bleiben.
Tief in meinem Musikerherzen sind die Fidelio-Aufführungen eingegraben, die ich an der Wiener Staatsoper dirigiert habe. Seit Gustav Mahler wird dort gegen Ende des zweiten Akts die sogenannte Dritte Leonoren-Ouvertüre eingeschoben. Die Wiener Philharmoniker spielten mit solch einem Freiheitsdrang, dass die Musik in all ihrer Dramatik – man könnte sagen: als eigenes Theaterstück innerhalb der Oper – dem atemlosen Publikum unter die Haut ging. Damals konnte ich körperlich spüren, wie Beethoven den Namen Napoleons so gründlich aus dem Titelblatt seiner Eroica herausradiert hat, dass ein Loch im Blatt übrig blieb. Dies war Beethovens Reaktion darauf, dass sich der Hoffnungsträger in Notre Dame zum Kaiser gekrönt und damit gezeigt hatte, dass er in seiner Gier „auch nichts anders wie ein gewöhnlicher Mensch“ war. Beethovens furiose Verachtung aller machthungrigen Obrigkeit, die auch der Oper Fidelio innewohnt, konnten wir hörbar machen. Musik ist Musik, aber nicht nur: Sie lässt uns erschauern vor den tiefen menschlichen Fragen, mit denen jeder von uns konfrontiert ist, egal in welchem Jahrhundert wir leben.
Gerade aber komme ich von einer Aufführung der achten Symphonie in Dresden. Die ersten Takte des zweiten Satzes dieser Achten (!) beginnen mit genau acht Tönen pro Takt und sollen im Tempo 88 für die Achtel gespielt werden. Auch das gibt es (und wenn es mitunter von unserem Beethoven-Bild des grimmigen Charakterkopfes mit den wirren Haaren überlagert wird): den verschmitzten Beethoven, der sich, wie wir hier in Stuttgart sagen, ein Spässle erlaubt.
Beethoven, Hölderlin, Hegel: Welch Jubiläumsjahr 2020!
Tief in meinem Musikerherzen sind die Fidelio-Aufführungen eingegraben, die ich an der Wiener Staatsoper dirigiert habe. Seit Gustav Mahler wird dort gegen Ende des zweiten Akts die sogenannte Dritte Leonoren-Ouvertüre eingeschoben. Die Wiener Philharmoniker spielten mit solch einem Freiheitsdrang, dass die Musik in all ihrer Dramatik – man könnte sagen: als eigenes Theaterstück innerhalb der Oper – dem atemlosen Publikum unter die Haut ging. Damals konnte ich körperlich spüren, wie Beethoven den Namen Napoleons so gründlich aus dem Titelblatt seiner Eroica herausradiert hat, dass ein Loch im Blatt übrig blieb. Dies war Beethovens Reaktion darauf, dass sich der Hoffnungsträger in Notre Dame zum Kaiser gekrönt und damit gezeigt hatte, dass er in seiner Gier „auch nichts anders wie ein gewöhnlicher Mensch“ war. Beethovens furiose Verachtung aller machthungrigen Obrigkeit, die auch der Oper Fidelio innewohnt, konnten wir hörbar machen. Musik ist Musik, aber nicht nur: Sie lässt uns erschauern vor den tiefen menschlichen Fragen, mit denen jeder von uns konfrontiert ist, egal in welchem Jahrhundert wir leben.
Gerade aber komme ich von einer Aufführung der achten Symphonie in Dresden. Die ersten Takte des zweiten Satzes dieser Achten (!) beginnen mit genau acht Tönen pro Takt und sollen im Tempo 88 für die Achtel gespielt werden. Auch das gibt es (und wenn es mitunter von unserem Beethoven-Bild des grimmigen Charakterkopfes mit den wirren Haaren überlagert wird): den verschmitzten Beethoven, der sich, wie wir hier in Stuttgart sagen, ein Spässle erlaubt.
Beethoven, Hölderlin, Hegel: Welch Jubiläumsjahr 2020!
Der Beitrag von Cornelius Meister ist in einer Serie von Kolumnen zum Beethovenjahr im Mannheimer Morgen erschienen.