An solch einem Abend bleibt es nicht nur bei einem einzigen Gefühl. Kurz vor Beginn empfand ich enorme Vorfreude, Nervosität und ein bisschen Rührseligkeit. Als dann das Bühnenlicht anging, war ich konzentriert, innerlich ruhig und voller Lust, endlich loszulegen.

Ich war einfach überglücklich. Über die vergangenen Wochen hatte sich natürlich eine große Anspannung angesammelt, die löste sich plötzlich auf, und die Tränen flossen. Diesen Moment werde ich wohl so schnell nicht vergessen.

Ich stellte mir ehrlich die Frage, ob ich der Herausforderung gewachsen sei, eine Titelrolle in einer Uraufführung zu geben – sowohl sängerisch als auch darstellerisch. Aber als ich das Libretto las, war meine Neugier für eine so interessante und komplexe Figur sofort geweckt. Hinzu kam, dass mich die Komposition Bernhard Langs sehr gereizt hat und ich daher so gepackt war, dass ich die Sache unbedingt angehen musste.

Diese Partie hat mich als Künstlerin wachsen lassen. Im Besonderen waren es die Ambivalenzen in Doras Charakter, die mich fasziniert haben: Rastlosigkeit und das Streben nach Antworten auf die Fragen des Lebens in einem Moment, Apathie und Feindseligkeit gegenüber ihrer Umgebung im nächsten. Mit manchen Facetten ihrer Persönlichkeit konnte ich mich ziemlich gut identifizieren. Der Wunsch nach Veränderung, Frust, Ratlosigkeit und die damit verbundene innere Unruhe kenne ich sehr gut. Dagegen trifft ihr Unvermögen, Eigenverantwortung zu übernehmen, bei mir auf totales Unverständnis.

Es ist ein wirklich großartiges Gefühl. Ich empfinde es als Privileg, noch einmal in diese Produktion eintauchen zu können. Tatsächlich hatte ich die Partie vollständig verinnerlicht: Die erste szenische Probe für die Wiederaufnahme beginnt und so gut wie alle Töne, Aktionen und Bilder kommen wie von selbst zurück. Ist schon spannend, wie das Gehirn funktioniert.